Fluggastrechte: Urteil des Gerichtshofs der EU vom 7.3.2019

(Verbundene Rechtssachen C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16)

Die Reihe der Urteile des Gerichtshofes der EU in Sachen Fluggastrechte reißt nicht ab. In 3 Fällen musste er schon wieder zu diesem Thema entscheiden.

Die Vorabentscheidungsersuchen, vorgelegt zum einen vom Amtsgericht Düsseldorf in der Rechtssache C-274/16 (Klage der Firma flightright GmbH gegen Air Nostrum), zum anderen vom Bundesgerichtshof in den Rechtssachen C-447/16 (Klage einer Privatperson gegen die chinesische Airline Hainan Airlines Co. Ltd) und C-448/16 (Klage einer 5-köpfigen Familie gegen Air Nostrum), betreffen die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001  (Brüssel I-VO) und von Art. 7 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO).

Es ging dabei insb. um die Auslegung des Begriffs „Ansprüche aus einem Vertrag“ – Dienstleistungsvertrag – Flugverbindung aus mehreren Flügen, die von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden – Begriff ‚Erfüllungsort‘ – Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – Anspruch von Fluggästen auf eine Ausgleichszahlung bei Nichtbeförderung und bei großer Verspätung von Flügen – Klage auf Ausgleichszahlung gegen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das seinen Sitz nicht in einem Mitgliedstaat hat oder zu dem die Fluggäste in keiner Vertragsbeziehung stehen.

Rechtssache C-274/16

Das Amtsgericht Düsseldorf hat dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt: „ Ist bei einer Personenbeförderung auf einer aus zwei Flügen bestehenden Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf dem Umsteigeflughafen der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke als Erfüllungsort gemäß Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 anzusehen, wenn sich die Klage gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen der ersten Teilstrecke richtet, auf der sich die Unregelmäßigkeit ereignet hat, und die Beförderung auf der zweiten Teilstrecke von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird?“

Die Antwort des Gerichtshofes lautet wie folgt:

Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 und Art. 7 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sind dahin auszulegen, dass bei einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise „Erfüllungsort“ im Sinne dieser Bestimmungen der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke ist, wenn die Beförderungen auf den beiden Teilstrecken von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden und die Klage gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 auf Ausgleichszahlung wegen einer großen Verspätung bei dieser aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise auf eine Störung gestützt wird, die auf dem ersten Flug eingetreten ist, der von dem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist.“

Rechtssache C-447/16

Die vorgelegte Frage des Bundesgerichtshof in der Rechtssache C-447/16 lautete wie folgt:

„Ist bei einer Personenbeförderung auf zwei Flügen ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen der Abflugort der ersten Teilstrecke auch dann als Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich der Verordnung Nr. 44/2001 anzusehen, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 auf eine auf der zweiten Teilstrecke aufgetretene Störung gestützt wird und sich die Klage gegen den Vertragspartner des Beförderungsvertrags richtet, der zwar ausführendes Luftfahrtunternehmen des zweiten, nicht aber des ersten Flugs ist?“

Der BGH möchte in dieser Sache wissen, ob Art. 5 Nr. 1 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auch für Beklagte mit (Wohn-)Sitz  in einem Drittstaat, wie vorliegend die chinesische Fluggesellschaft Hainan Airlines, Anwendung findet. 

Der Gerichtshof antwortete wie folgt:

„Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates

vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er auf einen Beklagten mit (Wohn-)Sitz in einem Drittstaat wie die Beklagte des Ausgangsverfahrens keine Anwendung findet.“

Damit muss zur Bestimmung des zuständigen Gerichts Art. 4 der Brüssel I-VO angewendet werden, wonach die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenen Gesetzen zu bestimmen ist, wenn der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat.

Rechtssache C-448/16:

Der BGH stellte folgende zwei Fragen:

„Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 dahauszulegen, dass der Begriff „Ansprüche aus einem Vertrag“ auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 erfasst, der gegenüber einem ausführenden Luftfahrtunternehmen verfolgt wird, welches nicht Vertragspartner des betroffenen Fluggasts ist? „

Entscheidung des Gerichtshofes:  „Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Bestimmung auch eine von Fluggästen auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 erhobene Klage auf Ausgleichszahlung wegen einer großen Verspätung bei einer aus mehreren Teilstrecken bestehenden Flugreise umfasst, die sich gegen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen richtet, das nicht Vertragspartner des betroffenen Fluggasts ist.“

“ Soweit Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 Anwendung findet:

Ist bei einer Personenbeförderung auf zwei Flügen ohne nennenswerten Aufenthalt auf dem Umsteigeflughafen das Endziel des Fluggastes auch dann als Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich der Verordnung Nr. 44/2001 anzusehen, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 auf eine auf der ersten Teilstrecke aufgetretene Störung gestützt wird und sich die Klage gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen des ersten Flugs richtet, das nicht Vertragspartner des Beförderungsvertrags ist?“

Der Gerichtshof antwortete wie folgt (entspricht der auch in der Rechtssache C-447/16 getroffenen Entscheidung  )„Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 und Art. 7 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sind dahin auszulegen, dass bei einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise „Erfüllungsort“ im Sinne dieser Bestimmungen der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke ist, wenn die Beförderungen auf den beiden Teilstrecken von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden und die Klage gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 auf Ausgleichszahlung wegen einer großen Verspätung bei dieser aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise auf eine Störung gestützt wird, die auf dem ersten Flug eingetreten ist, der von dem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist.“

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