Rechtsanwälte in Frankreich sind verpflichtet eine schriftliche Honorarvereinbarung mit ihren Mandanten zu schliessen
Am 7. August 2015 wurde das „Loi n° 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l’activité et l’égalité des chances économiques“ (Gesetz Nr. 2015-990 vom 6.8.2015 für Wachstum, Aktivität und wirtschaftliche Chancengleich) im französischen Gesetzesblatt veröffentlich und trat damit, vorbehaltlich besonderer Regelungen, am 8. August 2015 in Kraft. Es wird kurz „Loi Macron“ (Macron Gesetz) genannt, nach dem aktuellen französischen Wirtschaftsminister Emmanuel MACRON, der als Urheber dieses Gesetzes gilt.
Das über 300 Artikel umfassende Gesetz enthält zahlreiche wirtschaftspolitische Massnahmen sowie Änderungen im Arbeitsrecht. Hauptziel des Gesetzes ist die Förderung des Wettbewerbs.
Einige Bestimmungen betreffen auch die französische Anwaltschaft:
- Die Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte in Frankreich erweitert sich. War sie bisher auf ein Tribunal de grande instance (entspricht im weitesten Sinn dem deutschen Land- oder dem österreichischen Landesgericht) beschränkt, können Rechtsanwälte in Frankreich ab 1.9.2016 vor jedem Tribunal de grande instance innerhalb des Bezirks eines Berufungsgerichts (Cour d’appel) auftreten.
- Erleichterungen bei der Eröffnung von Zweitbüros.
- Änderungen im Hinblick auf das Gesellschaftskapital von Anwaltskanzleien.
Insbesondere sind Rechtsanwälte in Frankreich seit 8.8.2015 verpflichtet immer eine schriftliche Honoravereinbarung mit ihren Mandanten zu schliessen.
In Frankreich gibt es keine gesetzlich festgelegten Gebühren für Rechtsanwälte. Diese müssen vielmehr immer zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten vereinbart werden. Dabei ist es möglich ein Pauschalhonorar oder einen Stundentarif vorzusehen, manchmal auch in Verbindung mit einem sog. Erfolgshonorar (weitere allgemeine Informationen zum Thema Anwaltsgebühren in Frankreich finden Sie hier).
Bestand bisher nur für Scheidungssachen die gesetzliche Verpflichtung schriftliche Honorarverträge zu schliessen, gibt es diese seit dem Macron Gesetz für jede Tätigkeit der Rechtsanwälte in Frankreich: Unterbevollmächtigung, Beratungsgespräch oder -schreiben, gerichtliche und aussergerichtliche Vertretung, Erstellen von Verträgen oder sonstigen Urkunden etc. Inhaltlich muss die Honorarvereinbarung mindestens die Höhe des Honorars, der Auslagen und der eventuell entstehenden notwendigen Verfahrenskosten festlegen. Ausnahmen gibt es nur hinsichtlich der im Bereich der Immobiliarzwangsvollstreckung und weiteren damit zusammenhängenden Verfahren bestehenden gesetzlichen Verfahrenskosten und -gebühren. Einzelheiten hierzu werden später von einem Anwendungsdekret geregelt werden.
Die Kontrolle über die Einhaltung dieser neuen Verpflichtung für Rechtsanwälte in Frankreich obliegt der französischen Wettbewerbsbehörde (DGCCRF = „Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes“). Mindestens 3 Tage vor der Durchführung von Kontrollmassnahmen, welche jedoch die Einhaltung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses wahren müssen, hat die DGCCRF den Präsidenten der zuständigen Rechtsanwaltskammer schriftlich darüber zu informieren (nicht jedoch den zu kontrollierenden Rechtsanwalt). Die DGCCRF kann jedoch nur eine eventuelle Missachtung der gesetzlichen Regelungen feststellen und diese dann an die Rechtsanwaltskammer weiterleiten, welche dann die den standesrechtlichen Regelungen entsprechenden Schritte einzuleiten hat.