Arbeitsvertrag in Europa: Anzuwendendes Recht

Arbeitsvertrag in Europa: Welches Recht findet Anwendung?

Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 in Rom, ist dahin auszulegen, dass auch dann, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit in Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich, dauerhaft und ununterbrochen in ein- und demselben Staat verrichtet, das nationale Gericht das in diesem Land anwendbare Recht gemäß dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung ausschließen kann, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass eine engere Verbindung zwischen diesem Vertrag und einem anderen Land besteht. Dies hat der EuGH in einer Sache Schlecker / Boedeker entschieden.



Rechte der Reisenden in der EU

FlugzeugiconEgal ob man ein Flugzeug, die Bahn, den Bus oder ein Schiff benutzt, die Reisenden werden durch das EU-Recht im Fall von Annullierungen, Verspätungen, Gepäckproblemen etc. besonders geschützt.

Detaillierte Informationen zu diesem Thema findet man auf dieser Homepage.

Darüber hinaus gibt es seit Neuestem auch eine App, die man auf das Handy laden und sich somit schnell  über seine Rechte informieren kann.



Handschriftliches Testament in Frankreich

Ein handschriftliches Testament in Frankreich ist gem. Art. 970 Code civil (franz. Zivilgesetzbuch) nur dann wirksam, wenn es vom Erblasser eigenhändig geschrieben, datiert und unterschrieben wurde.

In einem der Cour de cassation vorgelegten Fall bestand das Testament aus Kopien eines vorherigen Testaments sowie aus neuen handschriftlich verfassten Seiten, die zwischen die Kopien gelegt wurden.  Alles zusamen wurde in einen Umschlag gesteckt und mit der Aufschrift „Testament von X“ versehen. Ein Datum wurde nicht angebracht.

Die Cour de cassation hat in seinem Urteil vom 29.5.2013 (Cour de cassation chambre civile 1- 29 mai 2013 N° de pourvoi : 12-17870) wieder einmal betont, dass das streitgegenständliche Testament den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen würde. Die gesetzlich vorgeschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen müssen zwingend eingehalten werden und seien unumgänglich.

Weitere spezielle Formvorschriften gibt es nicht, im Gegensatz zum notariellen Testament.   Die Gerichte haben z.B.  einen auf eine Postkarte oder auf der Rückseite eines Versicherungsvertrages geschriebenen letzten Willen als wirksam angesehen.



Arbeitszeit in Frankreich: 6 Stunden Arbeit – 20 Minuten Pause

Gem. Art. L. 3121-33 des französischen Arbeitsgesetzbuches muss jeder Arbeitnehmer nach 6 Stunden Arbeitszeit eine zusammenhängende Mindestpause von 20 Minuten haben.

Dies entschied der französische  Kassationsgerichtshof  am 20.2.2013 in drei Fällen und betonte dabei, dass die 20 Minuten-Pause  in einem Stück genommen werden muss und nicht in mehrere kleine Pausen geteilt werden kann.

Beendigung des Handelsvertretervertrages in Frankreich

Frankreich: Entschädigung bei Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Handelsvertreter wegen Krankheit ?

Die für Handelssachen zuständige Kammer des französischen Kassationsgerichtshofes (Cour de cassation) musste wieder einmal zum Thema Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters bei Beendigung der Vertragsbeziehungen Stellung nehmen.

Gem. Art. L. 134-12 Satz 1 Code de commerce (franz. Handelsgesetzbuch) hat der Handelsvertreter bei Beendigung der vertraglichen Beziehungen  einen Anspruch auf Ausgleich des ihm aufgrund der Beendigung enstandenden Schadens.

Nach Art. L 134-13 Code de commerce steht ihm dieser Anspruch nicht zu, wenn
1° die Beendigung des Vertrages wegen eines schweren Verschuldens des Handelsvertreters erfolgte;
2° der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn die Umstände die zur Beendigung geführt haben können nicht dem Handelsvertreter zugerechnet werden oder die Weiterführung seiner Geschäfte ist dem Handelsvertreter wegen seines Alters, einer Behinderung oder einer Krankheit vernünftigerweise nicht mehr zumutbar;
3° ……

Im vorliegenden Fall hatte ein Handelsvertreter aus Gesundheitsgründen das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmer gekündigt und eine Ausgleichsentschädigung gem. Art. 134-12 und 134-13 vom Unternehmer gefordert.  Das Berufungsgericht (Cour d’appel) von Bourges lehnte den Antrag des Handelsvertreters ab, da dieser nicht nachweisen konnte „definitiv“ nicht mehr in der Lage zu sein seine Arbeit weiter ausführen zu können.

Die Cour de cassation hat  jedoch entschieden, dass die Cour d’appel von Bourges nicht überprüft hätte, ob der Handelsvertreter „vernünftigerweise“ seine Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Dadurch würde dem Urteil des Berufungsgerichts die rechtliche Grundlage fehlen. Folglich hob die Cour de cassation das Berufungsurteil auf und verwies die Angelegenheit an das Berufungsgericht von Orléans, welches nun neu über die Sache zu entscheiden hat.

Cour de cassation vom 9. März 2013, n° 12-13.258, n° 283 F-D



EuGH: Rechtsprechungsstatistiken 2012

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Europäischer Gerichtshof in Luxemburg

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat am 6.3.2013 seine Rechtssprechungsstatistiken 2012 veröffentlicht.  Die Anzahl der bei den drei Gerichten (Gerichtshof, Gericht und Gericht für den öffentlichen Dienst) anhängig gemachten Verfahren ist danach leicht gesunken (1569 Verfahren in 2011 und 1427 in  2012). Dies liegt nach Aussagen des EuGH daran, dass vor allem die Zahl der eingelegten Rechtsmittel zurückgegangen ist.

Beim Gerichtshof gingen 2012  632 neue Rechtssachen ein, während 595 abgeschlossen wurden. Insgesamt waren 2012  886 Rechtssachen vor dem Gerichtshof anhängig.  Die Verfahrensdauer bei Vorabentscheidungsverfahren betrug 15,7 Monate, während Klagen und Rechtsmittel im Durchschnitt innerhalb von 19,7 Monaten bzw. 15,3 Monaten abgeschlossen wurde.
Weitere Einzelheiten, insbesondere auch zu den Statistiken des Gerichts und des Gerichts für den öffentlichen Dienst können der Pressemitteilung Nr. 23/13 vom 6. März 2013 entnommen werden.



EuGH vom 7.2.2013: Gerichtsstandsklauseln in Kettenverträgen

Fotolia_55418835_XS_competenceGerichtsstandsklauseln in Kettenverträgen: Rechtsprechung des EuGH

Können Gerichtsstandsklauseln, welche zwischen in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässigen Parteien vereinbart wurden  einem späteren Erwerber entgegengehalten werden?

Diese Frage hat der französische Kassationsgerichtshof mit Urteil vom 17.11.2011  dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gestellt.

Der EuGH hat darauf mit nein geantwortet (Urteil vom 7.2.2013, Refcomp SpA c/ Axa u.a. Rechtssache C-543/10):  „Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine in dem Vertrag zwischen dem Hersteller eines Gegenstands und dem Erwerber vereinbarte Gerichtsstandsklausel dem späteren Erwerber, der diesen Gegenstand am Ende einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen, die zwischen in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Parteien geschlossen wurden, erworben hat und eine Haftungsklage gegen den Hersteller erheben möchte, nicht entgegengehalten werden kann, es sei denn, es steht fest, dass dieser Dritte der Klausel unter den in diesem Artikel genannten Bedingungen tatsächlich zugestimmt hat.“

Die Entscheidung des EuGH entspricht seiner bisherigen Rechtsprechung zu  Art. 5 1) EuGVO. Der Gerichtshof hat danach nie zugelassen, dass ein zwischen zwei Personen geschlossener Vertrag Wirkungen auf dritte Personen habe könnte, es sei denn diese haben dem Vertrag tatsächlich zugestimmt (EuGH vom 17. Juni 1992, Handte / TMCS, Rechtssache C-26/91). Eine etwas andere Lösung hat der  EuGH lediglich für den Fall angenommen hat, dass es um ein Konnossement (Seefrachtbrief) geht (EuGH vom 19. Juni 1984, Tilly Russ/Nova, Rechtssache C-71/83; EuGH vom 9.11.200, Coreck Maritime, Rechtssache C-387/98).

Die Rechtsprechung des EuGH steht damit im Gegensatz zur Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofes, die dieser für rein nationale Sachverhalte entwickelt hat. Der französische Kassationsgerichtshof  hat in der Tat bereits mehrere Male entschieden, dass ein Vertrag welcher die Übertragung von Eigentum zum Ziel hat gewisse Wirkungen auch auf spätere Erwerber haben kann. So hat er z.B. entschieden, dass eine Schiedsgerichtsklausel  in einem Kettenvertrag auch auf spätere Erwerber übergehen und Wirkungen entfaltet, selbst wenn diese dem Vertrag nicht zugestimmt haben (Civ. 1re, 22 mars 2007, Bull. civ. I, n° 129).



Gerichtskosten in Frankreich

Seit dem 1.10.2011 muss bei Anrufung eines französischen Gerichts ein Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 35 € gezahlt werden.  Es handelt sich dabei um einen Pauschalbetrag, unabhängig vom Streitwert der Angelegenheit.  Dies betrifft Verfahren/Anträge jeglicher Art. Die Zahlung ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung und muss bei Einreichung der Klage/des Antrages nachgewiesen werden. Die Zahlung erfolgt durch Erwerb einer Steuermarke in Höhe von 35 € auf der speziell hierfür vom Justizministerium eingerichteten Homepage gekauft werden.

Die 35 EUR müssen in folgenden Fällen nicht gezahlt werden

  • von Prozesskostenhilfeempfängern,
  • vom Staat,
  • bei Verfahren vor der Kommission für die Entschädigung von Opfern von Vergehen/Verbrechen,
  • bei Verfahren vor dem „Kinderrichter“ (juge des enfants), dem Vormundschaftsrichter,
  • bei Verfahren wegen Privatinsolvenz und Insolvenz,
  • bei Verfahren das Ausländerrecht betreffend
  • etc.

Die Einnahmen bekommt die französische nationale Rechtsanwaltskammer, der Conseil National des Barreaux (CNB), der damit die Prozesskostenhilfe bezahlt.

Im Rahmen eines Berufungsverfahrens wurde darüber hinaus eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 150 € geschaffen, welche sowohl vom Berufungskläger als auch vom Berufungsbeklagten zu entrichten ist.  Die Einnahmen dienen einem Entschädigungsfonds, welche den „avoués“ (Prozessbevollmächtigte vor den Berufungsgerichten) zugute kommen soll, deren Berufsgruppe 2011 abgeschafft wurde.
Konkret muss ein Kläger/eine Klägerin im Berufungsverfahren daher 35 € + 150 € zahlen. Der Beklagte/die Beklagte zahlt 150 €.  Auch die Steuermarke in Höhe von 150 € kann auf der oben bereits erwähnten Internetseite erworben werden.

(Stand: 30.1.2013)



Französisches Zwangsvollstreckungsrecht: Tabellen für Gehaltspfändung geändert

Am 1.2.2013 werden die neuen Pfändungstabellen in Kraft treten.  Das Dekret Nr. 2013-44 vom 14.1.2013 (veröffentlicht im Gesetzesblatt am 16.1.2013) bestimmt auf der Grundlage von Art. R. 3252-2 des franz. Arbeitsgesetzbuches die neuen pfändbaren und abtretbaren  Teile des Nettojahresgehalts :
1/20  von bis zu  einschl. 3.670 €
1/10 von über 3.670 € – einschl. 7.180 €
1/5 von über 7.180 € – einschl. 10.720 €
1/4 von über 10.720 € – einschl. 14.230 €
1/3 von über 14.230 € – einschl.17.760 €
2/3 von über 17.760 € – einschl. 21.330 €
1/1 von über 21.330 €

Die Zahlen können sich abhängig von der individuellen Situation des Schuldners/der Schuldnerin ändern (unterhaltsberechtigte Kinder, Ehegatten …)
Der Betrag der Sozialhilfe (RSA = Revenu de Solidarité Active) von 483,24 € monatlich (seit 1.1.2013) entsprechend muss dem Schuldner/der Schulderin in jedem Fall bleiben.