Gerichtsstandsklauseln in Kettenverträgen: Rechtsprechung des EuGH
Können Gerichtsstandsklauseln, welche zwischen in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässigen Parteien vereinbart wurden einem späteren Erwerber entgegengehalten werden?
Diese Frage hat der französische Kassationsgerichtshof mit Urteil vom 17.11.2011 dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gestellt.
Der EuGH hat darauf mit nein geantwortet (Urteil vom 7.2.2013, Refcomp SpA c/ Axa u.a. Rechtssache C-543/10): „Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine in dem Vertrag zwischen dem Hersteller eines Gegenstands und dem Erwerber vereinbarte Gerichtsstandsklausel dem späteren Erwerber, der diesen Gegenstand am Ende einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen, die zwischen in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Parteien geschlossen wurden, erworben hat und eine Haftungsklage gegen den Hersteller erheben möchte, nicht entgegengehalten werden kann, es sei denn, es steht fest, dass dieser Dritte der Klausel unter den in diesem Artikel genannten Bedingungen tatsächlich zugestimmt hat.“
Die Entscheidung des EuGH entspricht seiner bisherigen Rechtsprechung zu Art. 5 1) EuGVO. Der Gerichtshof hat danach nie zugelassen, dass ein zwischen zwei Personen geschlossener Vertrag Wirkungen auf dritte Personen habe könnte, es sei denn diese haben dem Vertrag tatsächlich zugestimmt (EuGH vom 17. Juni 1992, Handte / TMCS, Rechtssache C-26/91). Eine etwas andere Lösung hat der EuGH lediglich für den Fall angenommen hat, dass es um ein Konnossement (Seefrachtbrief) geht (EuGH vom 19. Juni 1984, Tilly Russ/Nova, Rechtssache C-71/83; EuGH vom 9.11.200, Coreck Maritime, Rechtssache C-387/98).
Die Rechtsprechung des EuGH steht damit im Gegensatz zur Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofes, die dieser für rein nationale Sachverhalte entwickelt hat. Der französische Kassationsgerichtshof hat in der Tat bereits mehrere Male entschieden, dass ein Vertrag welcher die Übertragung von Eigentum zum Ziel hat gewisse Wirkungen auch auf spätere Erwerber haben kann. So hat er z.B. entschieden, dass eine Schiedsgerichtsklausel in einem Kettenvertrag auch auf spätere Erwerber übergehen und Wirkungen entfaltet, selbst wenn diese dem Vertrag nicht zugestimmt haben (Civ. 1re, 22 mars 2007, Bull. civ. I, n° 129).