Urteil zum Thema Kündigung aus persönlichem Grund im französischen Arbeitsrecht

Vorbemerkung:Nach französischem Arbeitsrecht (Art. L. 1232-1 und L. 1233-2 Code du travail = französisches Arbeitsgesetzbuch) muss eine Kündigung immer auf der Grundlage eines objektiven/sachlichen und seriösen Grundes erfolgen („cause réelle et sérieuse“). Dies gilt unabhängig davon, wie lange der Arbeitnehmer bereits im Betrieb tätig ist, wie viele Mitarbeiter es gibt und aus welchem Grund (persönlich oder wirtschaftlich) die Kündigung ausgesprochen wird. Das Gesetz gibt keine Definition der „cause réelle et sérieuse“. Die Gerichte müssen dies anhand des Sachverhalts und des Einzelfalls entscheiden.  Ein Zweifel wird immer zugunsten des Arbeitnehmers ausgelegt.

Man spricht von einer Kündigung aus persönlichem Grund, wenn der Hauptgrund der Kündigung in der Person des Arbeitnehmers liegt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft verweigert Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen, wenn er berufliche Mängel aufweist, wenn er einen disziplinären Fehler begeht …

Urteil der Cour de cassation vom 20.10.2015: In einem von einem Beistand verfassten und unterzeichneten Brief warf ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Reihe von Verfehlungen vor und drohte ihm das Arbeitsgericht anzurufen, um eine gerichtliche Aufhebung des Arbeitsvertrages zu erwirken. Die Berufungsrichter sahen darin eine besondere Feindseligkeit gegenüber dem Unternehmen, welche zu einem erhöhten Vertrauensverlust führte. Das Schreiben habe insbesondere auch die Absicht des Arbeitnehmers gezeigt, eine (gerichtlichen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu wollen. Eine Kündigung aus persönlichem Grund sei daher gerechtfertigt.

Diese Auffassung wurde von der Kammer für Arbeits-und Sozialsachen der Cour de cassation gerügt. Die Kündigung aus persönlichem Grund müsse auf objektiven Elementen beruhen, die dem Arbeitnehmer zurechenbar sind. Allein der Inhalt eines von einem Beistand des Arbeitnehmers verfassten und unterzeichneten Briefes würde diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Eine Kündigung aus persönlichem Grund sei in einem solchen Fall daher nicht gerechtfertigt.

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