Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht: Ein kurzer Überblick

Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, auch Rom I – Verordnung genannt, beinhaltet  Kollisionsnormen welche für alle internationalen Verträge gelten, die ab dem 19.12.2009 abgeschlossen werden. Sie ersetzt das Übereinkommen von Rom von 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, welches jedoch weiterhin für alle Verträge die vor dem 19.12.2009 geschlossen wurden, Anwendung findet.

Anwendungsbereich der Rom I-Verordnung

Die Verordnung « Rom I » findet gem. Art. 1 Abs. 1 Anwendung auf vertragliche Schuldverhältnisse des Zivil- und Handelsrechts, wobei diese eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen müssen.

Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind insbesondere Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten.

Art. 1 Abs. 2 der Verordnung listet darüber hinaus Rechtsbereiche auf, die vom Anwendungsbereich ausgenommen sind, wie z.B.

  • Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis oder aus ehelichen Güterständen (Buchstaben a) und b)).
  • Schieds – und Gerichtsstandsvereinbarungen (Buchstabe e)).
  • Fragen das Gesellschaftsrecht betreffend (Buchstabe f)).
  • Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrages (Buchstabe i)).

Das nach der Rom I –Verordnung bezeichnete Recht kommt auch dann zur Anwendung, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedsstaats der EU ist (Art. 2 – universelle Anwendung).

Grundsatz der freien Rechtswahl, Art. 3

Nach dem Grundsatz der Parteiautonomie, können die Parteien unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen das auf den Vertrag anzuwendende Recht frei wählen (Art. 3), selbst dann wenn es sich um das Recht eines Staates handelt welcher nicht Mitgliedsstaat ist (siehe oben Art. 2 – universelle Anwendung).

Art. 3 Abs. 1 bestimmt: „ Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben. Die Parteien können die Rechtswahl für ihren ganzen Vertrag oder nur für einen Teil desselben treffen.“

Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht

Sollten die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, so ergibt sich das anzuwendende Recht aus den Artikeln 4 -8 der Verordnung, es sei denn die Schutzvorschriften für Verbraucher-, Arbeits- und Versicherungsverträge sind anzuwenden.

Artikel 4 Abs. 1 der Rom I-Verordnung hat Kollisionsnormen eingeführt mit 8 festen Anknüpfungspunkten. Dies trägt zur Rechtssicherheit bei.

Damit unterliegen beispielsweise Kaufverträge über bewegliche Sachen (Buchstabe a) und Dienstleistungsverträge (Buchstabe b) dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Buchstabe a). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes wird sowohl für natürliche wie auch für juristische Personen in Artikel 19 Abs. 1 definiert: Der gewöhnliche Aufenthalt von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen ist der Ort der Hauptverwaltung. Handelt eine natürlich Person in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, ist der Ort der Hauptniederlassung ausschlaggebend (für Zweigniederlassungen, Agenturen etc. siehe Artikel 19 Abs. 2).

Gemäß Artikel 4 Abs. 2 ist der das Kriterium der „charakteristischen Leistung“ nur dann heranzuziehen, wenn der Vertrag keinem der unter Absatz 1 genannten Verträge zugeordnet werden kann oder durch mehr als einen Buchstaben von Absatz 1 abgedeckt ist. Artikel  4 Abs. 2 entspricht der bereits im Übereinkommen von Rom von 1980 vorrangig anzuwendenden Grundsatz.

Einige Verträge unterliegen einem besonderen Regime : Verträge über die Beförderung  von Waren und Passagieren (Artikel 5), Verbraucherverträge (Artikel 6), Versicherungsverträge (Artikel 7) und Individualarbeitsverträge (Artikel 8).

Ordre public et lois de police

Das aufgrund der dargestellten Regeln bestimmte anwendbare Recht kann versagt werden, wenn zwingende Vorschriften eines Staates (Artikel 9) oder Vorschriften, die mit der öffentlichen Ordnung eines Staates unvereinbar sind (Artikel 21) greifen.

Formelle Kollisionsnormen

Die Form eines Vertrages unterliegt  besonderen Regeln. Diese werden in Artikel 11 der Rom I-Verordnung bestimmt : « Ein Vertrag, der zwischen Personen geschlossen wird, die oder deren Vertreter sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in demselben Staat befinden, ist formgültig, wenn er die Formerfordernisse des auf ihn nach dieser Verordnung anzuwendenden materiellen Rechts oder Formerfordernisse des Rechts des Staates, in dem er geschlossen wird, erfüllt „(Absatz 1).

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